Konjunkturpaket 2020/2021: 130 Mrd. Euro für E-Fahrzeuge, Wasserstoff, Ladeinfrastruktur und Nutzfahrzeug-Modernisierung: Positive Signale für die Wirtschaft

Verbände aus den Bereichen der Transport- und Logistikwirtschaft sowie Fahrzeugindustrie bewerten das Programm der Regierungskoalition, das die Wirtschaft nach der Corona-Krise wieder in Gang setzten könnte, weitgehend positiv.

Das Konjunkturpaket der Bundesregierung soll die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Bild: Gerd Altmann auf Pixabay
Das Konjunkturpaket der Bundesregierung soll die deutsche Wirtschaft wieder in Schwung bringen. Bild: Gerd Altmann auf Pixabay
Torsten Buchholz
Konjunkturpaket

Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD Bundesregierung hat ein Konjunkturpaket 2020/2021 im Umfang von 130 Milliarden Euro beschlossen, das die durch Corona-Pandemie angeschlagene Konjunktur wieder auf die Beine bringen soll. Es enthält unter anderem neben einer Absenkung der Mehrwertsteuer und weiteren Steuererleichterungen auch mehr Geld für E-Fahrzeuge, Wasserstoff und Ladeinfrastruktur sowie ein Nutzfahrzeug-Modernisierungsprogramm.

Die Transport- und Logistikverbände AMÖ, BGL und BWVL bewerten das Konjunkturpaket grundsätzlich positiv. Die Beschlüsse würden in wichtigen Teilen den Forderungen der drei Verbände entsprechen, die sie in ihrem Positionspapier vom 29. Mai gegenüber der Regierungskoalition formuliert hatten, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der Verbände. Mit der temporären Absenkung der Mehrwertsteuer gelinge nach Ansicht der Branchenvertreter zwar ein Angriff auf breiter Front. Ob an Stelle einer lediglich dreiprozentigen Absenkung der Mehrwertsteuer für die Dauer von sechs Monaten nicht das umgekehrte Verhältnis eher für den gewünscht starken Impuls zum Hochlauf der Konjunktur erzielt werden könnte, bleibe jedoch abzuwarten.

Die Verbände begrüßen ebenfalls die beschlossenen Steuererleichterungen und die Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent als wichtige Entscheidung für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Positiv sieht die Branche auch die angekündigte Reform der Einfuhrumsatzsteuer, ebenso wie die finanzielle Unterstützung des Ausbildungsplatzangebots der durch die Corona-Pandemie angeschlagenen Ausbildungsbetriebe.

Anreize für Euro VI

Kritisch, denn unter Brüsseler Entscheidungsvorbehalt stehend, erscheint das angedachte Flottenerneuerungsprogramm für schwere Nutzfahrzeuge mit Zuschüssen für den Austausch von Euro-III- bis Euro-V-Lkw. „Im Tausch für Euro VI-Lkw gilt es vor dem Hintergrund des Green Deal noch sehr dicke Bretter zu bohren, was jedoch bei einem 17-prozentigen Anteil an der letztjährigen Mautfahrleistung überschaubar ist, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Dennoch enthalte das Konjunkturpaket eine Vielzahl von gelungenen Maßnahmen zur Ankurbelung der Nachfrage und damit zur Belebung der Wirtschaft insgesamt: „Und höheres Wachstum führt automatisch auch zu einer Verbesserung der Auftragslage der Logistik- und Verkehrswirtschaft.“

Das vom Koalitionsausschuss ausgehandelte Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket ist nach Ansicht des Bundesverbandes Spedition und Logistik (DSLV) ein richtiges, wenn auch 130 Milliarden Euro teures Signal der Zuversicht an die Gesellschaft. Mit steuerlichen Er-leichterungen, breit angelegten Fördermaßnahmen und einem Digitalisierungsschub könne die Bundesregierung Wirtschaft und öffentliche Verwaltung in der Post-Pandemie-Phase stärken und Arbeitsplätze sichern, so der DSLV.

„Inhaltlich ist das Paket ein Mix aus politischen Absichtserklärungen der Vergangenheit und neuen Detailförderungen für einzelne Zielgruppen,“ erklärt DSLV-Präsident Axel Plaß. Zwar hebe der Ausschuss hervor, dass „eine leistungsfähige Verkehrs- und Mobilitätsinfrastruktur Voraussetzung für einen raschen Aufschwung und neues Wachstum in praktisch allen Wirtschaftsbereichen ist“, das Maßnahmenpaket speziell für den Logistik- und Güterverkehrssektor sei aber größtenteils pauschal und eher sparsam angelegt.

Industrie gefordert

Der Verband DSLV vertritt die Auffassung, dass für den schnellen Umstieg von schweren Diesel-Lkw auf CO2-arme Antriebe ein europaweites Flottenerneuerungsprogramm, mit dem nun die wenigen Reste von Euro-III-, IV- und V-Lkw-Beständen in Europa allein zugunsten von Euro-VI-Lkw eingesammelt werden sollen, nicht helfe. Ob das geplante Bus- und Lkw-Flotten-Modernisierungs-Programm, in dem Logistikunternehmen mit kommunalen Betreibern in Konkurrenz um Fördermittel treten sollen, das Defizit kompensiert, sei heute offen. Plaß: „Alles hängt natürlich weiterhin davon ab, wann die Nutzfahrzeugindustrie endlich serientaugliche Alternativen zum schweren Diesel-Lkw liefert. Der Staat kann schließlich nur fördern, was bereits existiert. Große Hoffnungen legt die Logistikbranche deshalb in die Nationale Wasserstoffstrategie.“

Der Verband der Automobil-industrie (VDA) bedauert, dass im beschlossenen Konjunkturpaket die Vorschläge der Automobil-industrie für einen breitangelegten und unmittelbar wirksamen Konjunkturimpuls nur zum Teil aufgenommen wurden. Die auf ein halbes Jahr beschränkte Absenkung der Mehrwertsteuer sowie die Verdopplung des staatlichen Anteils am Umweltbonus für den Kauf von Elektroautos würden aber positive Impulse setzen und einen Beitrag leisten können, die derzeit sehr schwache Nachfrage am Automobilmarkt in Teilen wieder anzukurbeln.

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Belastbare Perspektive

„Die Unternehmen der Automobilindustrie befinden sich in einer beispiellosen Transformation. Sie betrifft Hersteller und Zulieferer ebenso wie Autohäuser und Kfz-Werkstätten“, sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Ohne eine belastbare wirtschaftliche Perspektive könnten sie allerdings die weitere Entwicklung in Richtung Klimaschutz und Digitalisierung nicht in dem Tempo und dem Umfang gestalten, wie Deutschland sie brauche. Müller: „Um wettbewerbsfähig zu bleiben und um Klimaschutz und Konjunktur zusammen zu denken, brauchen wir weiterhin einen Mix an Angeboten, der auch moderne und effiziente Verbrenner umfasst.“

Nach Ansicht des VDA wurde ein „klarer und wichtiger Punkt für die Nutzfahrzeugindustrie gesetzt. Die Industrie hatte für ein gesondertes Konjunkturpaket für Nutzfahrzeuge geworben. Der Beschluss sich für ein europäisches Flottenerneuerungsprogramm einzusetzen sei daher ein wichtiges Signal für die Branche. Für Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) legt die Bundesregierung mit dem Konjunkturpaket den Grundstein für eine wirtschaftliche Erholung nach der schweren Krise. „Das Gesamtpaket kann einen breiten Konjunkturimpuls geben, von dem alle betroffenen Branchen profitieren“, so Zirpel. Darüber hinaus schiebe das Programm weitere Innovationen in der Mobilität an. Zirpel: „Die verstärkte Förderung der alternativen Antriebe, der Ladeinfrastruktur sowie von umweltfreundlichen Nutzfahrzeugen weisen in die richtige Richtung.“

Zukunftweisend seien auch die angekündigten zusätzlichen Investitionen in die Ladeinfrastruktur. Der VDIK empfiehlt, das bereits geplante Förderprogramm für private Ladepunkte jetzt sehr rasch zu starten. Neben der Batterie-Elektromobilität spiele Wasserstoff für die Mobilität der Zukunft eine zentrale Rolle, sowohl für Pkw als auch für Lkw. Daher sei auch die im Paket enthaltene Einigung zur Wasserstoffstrategie begrüßenswert, so der VDIK.

Die zentrale Rolle von Verkehrs- und Mobilitätsinfrastruktur wurde in dem Konjunkturpaket nach Ansicht des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) richtig erkannt. Auch die Beschleunigung der Wasserstoffstrategie sei positiv hervorzuheben. „Leider fehlt der Gedan-ke der ‚Connected Mobility‘. Denn Connected Mobility führt zu einer notwendigen Effizienzsteigerung im Verkehr, die wir auch unter klimapolitischen Gesichtspunkten brauchen“, bemängelt BVWD-Präsident Matthias Wahl. Auch auf autonomes Fahren werde nicht eingegangen, obwohl es Vorteile wie Effizienzsteigerung (Klimaschutz), Verkehrssicherheit und soziale Inklusion für mobilitätseingeschränkte Personen mit sich bringen würde.tbu

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