Problem oder Lösung?

Zum Thema „Ohne Fahrer on the road – kann der autonome Lkw die Nachwuchssorgen der Transportbranche lösen?“ diskutierte auf der Transport Logistic Transport-Chefredakteurin Christine Harttmann unter anderem den zeitlichen Horizont für autonom fahrende Lkw. Kurzfazit: Vieles läuft schon, manches wird noch dauern. Und: Der Fahrer wird noch sehr lange sehr wichtig bleiben.

Transport-Chefredakteurin Christine Harttmann diskutierte (v.r.) mit Dr. Frank Albers (Krone), Dr. Maximilian Fisser (Fernride) und Thore Bakker (Bergische Achsen) unter anderem den zeitlichen Horizont für autonom fahrende Lkw. Bild: R.Domina
Transport-Chefredakteurin Christine Harttmann diskutierte (v.r.) mit Dr. Frank Albers (Krone), Dr. Maximilian Fisser (Fernride) und Thore Bakker (Bergische Achsen) unter anderem den zeitlichen Horizont für autonom fahrende Lkw. Bild: R.Domina
Redaktion (allg.)
Forum

Die Transport-Redaktion holte sich für ihr Forum illustre Gäste aufs Podium in Halle 3: Von Krone kam Dr. Frank Albers, Managing Director Sales & Marketing, für BPW Bergische Achsen sprach Thore Bakker, Leiter Business Unit Trailer Solutions und Mobility Services. Am tiefsten im Thema drin steckt Fernride, hier vertreten durch Mitgründer und CPO Dr. Maximilian Fisser. Das Münchner Start-up Fernride konzentriert sich auf Tele-Operation auf abgeschlossenen Firmengeländen. In der Logistik zum Beispiel von BMW spielen autonom agierende Fahrzeuge bereits heute eine große Rolle. Fernride sehe zwar den autonom fahrenden Lkw auf öffentlichen Straßen noch in ein paar Jahren, wenn nicht Jahrzehnten Ferne – nicht zuletzt aus rechtlichen Gründen.

Darin waren sich übrigens alle Diskutanten einig: Wie so oft hinkt die Politik und Gesetzeslage der technischen Entwicklung meilenweit hinterher.

Fernsteuerung möglich

„Fernride setzt zudem auf Tele-Operation“, erklärte Fisser. Das heißt: Ein sogenannter Dispatcher steuert auf einem Firmengelände zig Fahrzeuge von einer Art Leitstand aus. Die Fahrzeuge – meist spezialisierte, fahrerlose Trailer-Mover – können, wenn es hier und da hakt, direkt von der Leitstelle aus ferngesteuert werden. Das funktioniere so weit bereits sehr gut. Die „Operator“, so Fisser, sollten freilich gewisse Skills mitbringen. So sei ein computerspielerprobter Operator, der mit einem Joystick umgehen kann, genauso geeignet wie ein ehemaliger Trucker mit großer Handling-Erfahrung und Gefühl für die Größe sowie Masse eines Tele-Fahrzeugs.

Das Thema „Autonomer Truck auf öffentlichen Straßen“ sei jedoch ein „wesentlich dickeres Brett“, das es da zu bohren gelte. Der Ausbau von TelematikFunktionen jeglicher Art, so waren sich Bakker und Albers einig, nimmt zu. Da geht es um Fragen hoch präziser GPS-Ortung genauso wie um Trailer-Erkennung und Identifikation.

Bis die Automatisierungsgrade von Stufe 2 (Fahrer-Assistenzsysteme inklusive Spurhaltung) bis zu Stufe 4 (tatsächlich fahrerlose Lkw) gelingen, werden aber wohl noch Jahre vergehen. Die Stufe 3 (Kontrolle durch vorhandenen Begleit-Fahrer) dabei zu überspringen, sei in diesem Zusammenhang nicht nur zeit-, sondern auch geldsparend. Stufe 3 würde genauso viel Geld kosten wie Stufe 4. Und was in den USA bereits gut funktioniere, lasse sich nicht so ohne weiteres auf europäische Verhältnisse übertragen: Hunderte Kilometer Highway ließen sich in den USA oft völlig störungsfrei, schnell und ohne Behinderung absolvieren. In Europa seien die Verhältnisse andere, allein die Verkehrsdichte und allfällige Staus erfordern wesentlich genauere Daten und Sensoren.

Schwieriger Trailertausch

Auch das Trailer-Handling sei hierzulande vollkommen unterschiedlich. Während in den USA weitgehend standardisierte Miet-Trailer zu einem großen Teil als schnöde Wechselbehälter behandelt werden und bedenkenlos durchgetauscht werden, achte ein europäischer Spediteur auf „seinen“ Trailer, den er nach Übergabe am Hub auch gerne wieder mitnehmen möchte. Soll heißen: Wer auf seinen Trailer dann warten muss, vergeudet genauso viel Zeit wie bisher. Das kann es also nicht sein.

Von der Vorstellung, dass fahrerlose Lkw auf unseren öffentlichen Straßen bereits in wenigen Jahren unterwegs wären, könne man sich getrost verabschieden. Dies dauere noch Jahrzehnte. Aber: Auf abgeschlossenen Betriebsgeländen sei die Entwicklung schon sehr weit fortgeschritten. Hier werde der Fahrer nicht mehr gebraucht, stattdessen Computer-affine Joystick-Künstler, die unbemannte Mover souverän steuern könnten, wenn die Automatik mal ein Problem hat. Das Problem mit der Verliebtheit der Europäer mit „ihrem“ sorgsam gewarteten und ausgestatteten Trailer bleibe. Das heiße in der Praxis, dass wir zunächst noch ein Umschlag-Problem zu lösen haben. rod

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Seite 2 bis 0 | Rubrik POLITIK UND WIRTSCHAFT