Fachkräftemangel: 45.000 Fahrzeugführer fehlen der Branche - DSLV warnt vor Verschärfung: Versorgungssicherheit in Gefahr

Nach Einschätzung von Experten fehlen der Transportlogistikbranche allein in Deutschland mehr als 45.000 qualifizierte Lkw-Fahrer. Fachverbände wie der DSLV befürchten schwerwiegende Auswirkungen auf die Volkswirtschaften Europas.

„Trotz nachhaltiger Lohnanpassungen steigt die Attraktivität des Berufsbilds nicht.“DSLV-Präsident Axel Plaß Bild: DSLV
„Trotz nachhaltiger Lohnanpassungen steigt die Attraktivität des Berufsbilds nicht.“DSLV-Präsident Axel Plaß Bild: DSLV
Torsten Buchholz
Fachkräftemangel

Ein zentrales Thema auf der Messe Transport Logistic in München war der Fachkräftemangel. Die Lage spitzt sich in der Tat zu. Denn mittlerweile fehlen der Branche allein in Deutschland mehr als 45.000 Fahrzeugführer. Aufgrund des demografischen Wandels wird diese Zahl noch weiter ansteigen. Der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) warnt: „Die Situation verschärft sich nicht nur auf dem europäischen Landverkehrsmarkt, auch verkehrsträgerübergreifende Lieferketten und die internationalen Wertschöpfungsketten von Industrie und Handel sind bereits von diesem Negativtrend betroffen.“

DSLV-Präsident Axel Plaß sieht den Arbeitsmarkt auf Teilmärkten der Logistik sowie in ausgesuchten Regionen mit hoher Unternehmensdichte wie leergefegt. Betroffen von dieser Entwicklung seien der Stückgut-, der Teilladungs- und der Ladungsmarkt. Die See- und die Luftfracht spürt ebenfalls Auswirkungen, weil im Vor- und Nachlauf zu und von den See- und Flughäfen auch immer wieder Kapazitäten in Folge des Fahrermangels fehlen. Plaß: „Zwar ziehen die Fahrerlöhne an, doch daraus generiert sich auf dem Arbeitsmarkt kein zusätzliches Arbeitskräfteangebot. Trotz nachhaltiger Lohnanpassungen steigt die Attraktivität des Berufsbilds nicht.“

Probleme wurden bisher nicht gelöst

Nach Ansicht des DSLV konnten die externen Begleitumstände des Fahreralltags in den vergangenen Jahren weder im Fern- noch im Nahverkehr wesentlich verbessert werden. Der zum Teil sehr schlechte persönliche Umgang an den Be- und Entladerampen von Industrie und Handel sowie der Airlines verletze die Würde der Fahrzeugführer in einer Weise, die mit dem berechtigten Qualitätsanspruch eines Kunden an seinen Dienstleister längst nicht mehr zu rechtfertigen sei, beklagt der Verband. Weil die verladende Wirtschaft selbst Personalkosten spare, werde Fahrer zu oft zu Be- und Entladetätigkeiten beim Kunden herangezogen.

Ein weiterer Punkt: Auf europäischen Autobahnen sind zudem Parkplätze knapp, schlecht ausgestattet und teilweise unsicher. Dabei verschärfe das gesetzliche Verbot zur Übernachtung in der Fahrerkabine während der Ruhezeit das Problem punktuell, anstatt hier Abhilfe für das Fahrpersonal zu leisten, moniert der DSLV. Denn die Übernachtungsalternativen außerhalb des Fahrzeugs seien oftmals – wenn überhaupt verfügbar – noch schlechter.

„Die Politik hat mit dieser Maßnahme nicht zur Verbesserung der Situation beigetragen“, kritisiert Plaß. Im Rahmen der anstehenden Trilog-Beratungen zum EU-Mobilitätspaket habe die Politik allerdings noch die Chance, den gesetzlichen Rahmen anzupassen.

„Nullsummenspiel“

Grundsätzlich gebe es einfach zu wenig qualifizierte Kräfte. Und selbst wenn es dem eigenen Unternehmen gelinge, neue Fahrer anzuwerben, reiße dies im Unternehmen des Wettbewerbers ein Loch. Plaß: „Für die Transportbranche insgesamt ist das ein Nullsummenspiel. Auch Lohnanpassungen könnten den Abwärtstrend bislang nicht stoppen.“ Zur Bereinigung der dramatischen Situation sei deshalb ein gesellschaftliches Umdenken erforderlich. „Trotz fortschreitender Digitalisierung und Automatisierung des Verkehrs muss allen Lieferempfängern bewusst sein, dass Warentransporte immer noch von Menschen durchgeführt werden. Gelingt es nicht, Nachwuchskräfte zu mobilisieren, drohen Versorgungsengpässe“, meint Plaß und fordert: „Soll der Anspruch auf eine universelle Verfügbarkeit von Gütern und Waren bestehen bleiben, müssen Industrie und Handel und am Ende der Konsument im eigenen Interesse zur Entschärfung der Situation beitragen und verstehen, dass Logistik- und Transportdienstleistungen nicht zum Spottpreis eingekauft werden können.“ tbu

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Seite 1 | Rubrik POLITIK UND WIRTSCHAFT