Der E-Truck hat die Nase vorn

Eine vom Fraunhofer ISI geleitete Studie kommt zu dem Schluss, dass Wasserstoff beim Lkw keine große Rolle spielen wird.

Werden sich Fahrzeuge wie der Hyundai H2 Xcient überhaupt durchsetzen? Das ist laut einer Fraunhofer-Studie in der Zeitschrift Nature Electronics fraglich. Bild: Hyundai
Werden sich Fahrzeuge wie der Hyundai H2 Xcient überhaupt durchsetzen? Das ist laut einer Fraunhofer-Studie in der Zeitschrift Nature Electronics fraglich. Bild: Hyundai
Claus Bünnagel
Alternative Antriebe

Brennstoffzellenfahrzeuge haben ihre einstigen Vorteile hinsichtlich Reichweite und Tankzeit verloren: Sie werden wahrscheinlich nicht mit den Batteriependants konkurrieren können. Wegen der Dringlichkeit der Klimakrise sollte sich die Welt auf den Ausbau von batteriebetriebenen Fahrzeugen konzentrieren und die Schnellladeinfrastruktur beschleunigen, anstatt Brennstofffahrzeuge sowie H2-Tankstellen zu fördern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des unabhängigen deutschen Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Das Papier mit dem Titel „Hydrogen unlikely to play major role in road transport, even for heavy trucks“ wurde zuerst im Magazin „Nature Electronics“ veröffentlicht. Dr. Patrick Plötz, Koordinator des Geschäftsbereichs Energiewirtschaft am Forschungsinstitut und Leiter der Studie, misst dem Wasserstoff zwar eine wichtige Rolle in Industrie, Schifffahrt und bei synthetischen Flugkraftstoffen zu. „Aber für den Straßenverkehr können wir meines Erachtens nicht warten, bis die Wasserstofftechnologie aufholt, und sollten uns jetzt auf batterieelektrische Fahrzeuge sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr konzentrieren“, lässt er sich in der Fachzeitschrift „Recharge“ zitieren.

Bisher nur im Test

Die mit Wasserstoff betriebene Lkw-Technologie ist laut der Studie weniger weit fortgeschritten als die batteriebetriebene. Bereits jetzt sind 30.000 batterieelektrische Lkw weltweit unterwegs, die meisten davon in China. „Brennstoffzellenelektrische Lkw hingegen werden bisher nur in Testversuchen – von zwei Herstellern – betrieben und sind noch nicht kommerziell verfügbar“, so Plötz. Er verweist gleichzeitig auf die mehr als 150 batterieelektrischen Lkw-Modelle, die für den mittleren und schweren Güterverkehr angekündigt wurden.

Die aktuelle Herausforderung für batterieelektrische Fahrzeuge liegt im logistischen Langstreckenbetrieb mit mehr als 100.000 Kilometern pro Jahr. Für den Transport sehr schwerer Güter, der mit hohem Energieverbrauch pro Kilometer verbunden ist, wird ebenfalls die Anwendung von Wasserstoff-Lkw diskutiert. Es hat sich bereits ein Konsortium gegründet, das bis 2030 rund 100.000 Brennstoffzellen-Lkw auf europäische Straßen bringen soll. Den frühesten Starttermin für die Produktion von kommerziellen Serien-Lkw mit Brennstoffzellen kündigte es jedoch für das Jahr 2027 an. Plötz ist überzeugt, dass bis dahin bereits die batterieelektrischen Fahrzeuge der zweiten Generation kommerziell verfügbar und in Betrieb sein werden.

Das Kalkül der Studie: In Europa ist vorgeschrieben, dass Fahrer nach spätestens viereinhalb Stunden 45 Minuten Pause machen müssen. Sie schaffen also kaum mehr als 400 Kilometer am Stück. Mit leistungsfähigen Schnellladern könnte der Lkw also die dafür notwendige Power in der vorgeschriebenen Pausenzeit tanken – eine entsprechende Dichte an Hochleistungsladegeräten vorausgesetzt.

Plötz, der sich seit 2011 mit umweltfreundlichem Verkehr befasst, verweist auf Studien, wonach die Gesamtbetriebskosten für Lkw mit Brennstoffzellen höher sind als für batteriebetriebene Modelle mit Megawattladestationen und fügt hinzu: Bei Lkw sind die Betriebskosten wichtiger als bei Pkw, sodass der Anwendungsfall für Brennstoffzellen-Lkw noch kleiner ist. Nichtsdestotrotz könnten H2-Lastwagen für „wirklich schwere Transporte in abgelegenen Gebieten“ einen praktischen Vorteil haben. cb/ha

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Seite 1 | Rubrik POLITIK UND WIRTSCHAFT