Es zwickt an allen Enden

Mit dem Personal hat sich Quicargo befasst und mehrere Studien zusammengetragen. Die Quintessenz: Die Work-Life-Balance ist massiv gestört. Das könnte den Fahrermangel befeuern.

Lkw-Fahrer rekrutieren? Da würden wohl vor allem bessere Arbeitsbedingungen helfen. Bild: Pixabay
Lkw-Fahrer rekrutieren? Da würden wohl vor allem bessere Arbeitsbedingungen helfen. Bild: Pixabay
Christine Harttmann
Lkw-Fahrer

Die niederländische Statistikbehörde CBS hat Ende 2020 in einer Studie erforscht, welche Jobs eine schlechte Work-Life-Balance verursachen. Besonders schlecht kamen dabei Lkw-Fahrer weg. 18 Prozent der Befragten erklärten, dass sie oft oder sehr oft ein Ungleichgewicht zwischen Berufs- und Privatleben verspüren. Demgegenüber berichteten 7,6 Prozent aller Befragten von einem regelmäßigen Ungleichgewicht. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass Lkw-Fahrer sehr viel häufiger unter einem Ungleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben leiden. Und zwar zu 237 Prozent, wie die Digitalspedition Quicargo ausgerechnet hat.

Dies wird durch eine weitere Studie von 2020 gestützt, die besagt, dass Arbeitsplätze in der Transport- und Logistikbranche zu den zwölf Berufen mit der höchsten mentalen Ermüdung gehören. Mit Blick auf die Zukunft werden Stress und Erschöpfung am Arbeitsplatz höchstwahrscheinlich zu einer höheren Fluktuationsrate führen, zitiert Quicargo aus noch einer Studie.

Bewerbermangel?

Die Sorge Arbeitssuchender, aufgrund der Automatisierung keinen Job in der Logistikindustrie zu bekommen, könnte sich also umkehren. Unternehmen müssten sich dann vielmehr Sorgen machen, keine Arbeitskräfte zu finden, fürchtet die Digitalspedition. Obwohl arbeitsbedingter Stress durch eine Kombination vieler verschiedener Faktoren verursacht wird und von Person zu Person unterschiedlich ist, können einige wesentliche branchenbezogene Stressfaktoren benannt werden, das legen Untersuchungen in der Türkei nahe.

Die Kombination aus Zeitdruck, langen Arbeitszeiten und Wochenendarbeit könne extrem belastend sein, zitiert Quicargo aus den herangezogenen Studien. Ein geringer Kompetenzumfang und hohe physische sowie psychische Anforderungen, gepaart mit geringer Entscheidungskompetenz, erhöhen oft die psychische Belastung. Auch kann körperliche Überanstrengung, beispielsweise durch Schichtarbeit und lange Fahrten, die psychische Gesundheit beeinträchtigen und die Beschäftigten zusätzlich belasten.

Die Stimmung macht’s

Stellt sich die Frage, mit welchen Symptomen Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer hauptsächlich zu kämpfen haben. Ein Ungleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben wirkt sich sowohl auf die Einzelperson als auch auf das Unternehmen aus, in dem sie arbeitet. So senken höhere Fluktuationsraten und Fehlzeiten die Unternehmensmoral und die allgemeine Motivation.

Um die Arbeitsbedingungen und damit die physische und psychische Gesundheit von Logistikmitarbeitenden zu verbessern, müssten mehr Forschungsarbeiten durchgeführt werden, die sich mit den Herausforderungen der Arbeit in Logistikberufen befassen, ist Quicargo überzeugt. Aus den bereits vorhandenen Daten können jedoch schon jetzt einige Schlussfolgerungen gezogen werden. So sollte es eine Ausgleichszeit für unerwartete Ereignisse wie Verkehrsstaus geben. Helfen würde es außerdem, wenn der Zeitdruck durch längere Vorlaufzeiten für Lieferungen reduziert wird. Wo immer möglich, empfehlen Studien flexible Arbeitsregelungen. Hilfreich wären zudem eine größere Arbeitsplatzsicherheit und die Verbesserung der ergonomischen Bedingungen der Lkw. Seitens Kollegen und Vorgesetzten wünschen sich die Fahrer mehr soziale Unterstützung und eine offene Kommunikation im Unternehmen. ha

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Seite 1 | Rubrik POLITIK