Debatte über CO2-Reduktion im Güterverkehr: Gas, Oberleitung oder Wasserstoff?

Wie lassen sich auf der Langstrecke die CO2-Emissionen im Güterverkehr senken? Diese Frage beschäftigte die Diskutanten im virtuellen Raum, den der HUSS-VERLAG für BTK-Geschäftsführer Josef Heiß, Joshua Kneiber von BPW sowie den Wissenschaftler Julius Jöhrens öffnete.

Welchem Antrieb gehört die Zukunft? Dieser Frage gingen die Diskutanten des Think Tank auf den Grund. Bild: HUSS-VERLAG
Welchem Antrieb gehört die Zukunft? Dieser Frage gingen die Diskutanten des Think Tank auf den Grund. Bild: HUSS-VERLAG
Christine Harttmann
Think Tank

Wie lassen sich auf der Langstrecke die CO2-Emissionen im Güterverkehr senken? Besser mit Gas, oder doch eher elektrisch mit Oberleitung oder Wasserstoff? Mit welchen Lösungsansätzen lässt sich der CO2-Ausstoß im Güterverkehr denn nun am besten senken? Über diese Frage debattierten BTK-Geschäftsführer Josef Heiß, Joshua Kneiber von BPW sowie der Wissenschaftler Julius Jöhrens vom Heidelberger ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung – moderiert von Christine Harttmann, stellvertretende Chefredakteurin der Zeitung Transport.

Josef Heiß übernahm auf dem virtuellen Podium den Part des Praktikers. Seit 2018 betreibt die BTK im Regionalverkehr 15 LNG-Lkw und will nun um fünf weitere aufstocken. Entscheidend für seine Kaufentscheidung sei gewesen, sagt Heiß, dass es die Technik auf dem Markt gibt. „Uns ist es wichtig, dass der CO2-Ausstoß sinkt“, sagt Heiß. „Welche Technologie zum Einsatz kommt ist uns letztendlich egal. Sie muss funktionieren, planbar und wirtschaftlich sein.“

Kein Strom auf der Strecke

Letztendlich sieht der BTK-Geschäftsführer die LNG-Antriebe jedoch nur als eine Brückentechnologie, bis die zukünftigen Lösungen gefunden sind. Welche das sein werden ist für Heiß jedoch noch nicht klar. Ein Elektro-Lkw jedenfalls wäre bis dato schon deshalb keine Alternative, weil die Lkw des Unternehmens größtenteils im deutschen Fernverkehr unterwegs sind. „Damit haben wir zum einen das Thema mit der Reichweite, zum anderen haben wir das Problem, dass eine Lade-infrastruktur da sein muss“, sagt Heiß.

Die Zukunft also – die in der öffentlichen Diskussion eher einfach klingt: Strom für den Nahverkehr und Wasserstoff für den Fernverkehr – ist für Transportunternehmer noch ungewiss. Bei Joshua Kneiber, Produktmanager für Elektromobilität bei BPW Bergische Achsen, hat die Zukunft mit Elektrofahrzeugen längst begonnen. Er bringt sich mit marktreifem Produkt in der Diskussion ein. Als Systemlieferant konzentriert sich BPW auf elektrischen Achsantrieb für kleinere Nutzfahrzeuge im urbanen Einsatz. Doch auch auf der Langstrecke, davon ist Kneiber überzeugt, führt am Drehstrommotor aufgrund der Effizienz kein Weg vorbei. Beim Energiespeicher dagegen steht nach wie vor ein großes Fragezeichen, moniert Kneiber. „Da sind wir noch in der Findungsphase.“ Die aber würde der Produktmanager gerne endlich beenden. „Wir müssen bei der Entwicklung von Technologien eine klare Richtung einschlagen, sonst verbrennen wir sehr, sehr, sehr viel Geld“, unterstreicht Kneiber.

Doch auch wenn größere Reichweiten aktuell an Größe und Gewicht der Batterien scheitern – von der Oberleitung jedoch ist er noch nicht ganz überzeugt. „Es ist machbar“, sagt Kneiber, stellt aber auch die Frage, wie es intereuropäisch aussieht. „Wir haben die Shuttleverkehre, die gerade die Langstrecke bedienen, also müssen wir eine europäische Lösung anstreben.“

Basisnetz geht rentabel

Diesen Zweifel entkräftet Julius Jöhrens vom Heidelberger ifeu Institut für Energie- und Umweltforschung mit aktuellen Studienergebnissen: „Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass – wenn wir ein Basisnetz in Deutschland aufbauen – sich der Betrieb auch ohne Berücksichtigung der grenzüberschreitenden Verkehre wirtschaftlich selbst tragen kann.“

Auch in den Ausbaukosten sieht Jöhrens kein Problem. Die erschienen zwar erst einmal hoch, seien aber Investitionen in die Daseinsvorsorge für einen ökonomisch attraktiven Transport. "Langfristig werden die Kosten durch die Energiekosten beeinflusst", berichtet der Wissenschaftler aus den Ergebnissen seiner Studie. Er argumentiert außerdem, dass auch die verfügbare Menge erneuerbarer Energie begrenzt bleiben wird und wir deswegen noch länger mit einem Strommix leben müssen. "Und genau das ist die Stärke des Oberleitungs-Lkw und der Batterie. Sie erreichen auch mit dem voraussichtlichen Strommix von 2030 ungefähr 50 Prozent Treibhausgasemission gegenüber dem Diesel."

Beim Wasserstoffantrieb ist das laut Jöhrens anders. "Der ist mit dem gleichen Strommix sogar noch über dem Diesel." Ganz kann der Wissenschaftler damit weder Josha Kneiber noch Josef Heiß ihre Skepsis nehmen. Beide sind überzeugt, dass es eine europäische Lösung braucht.

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„Wir müssten uns massiv auf den Ausbau der Strecken der Oberleitung fokussieren, um dort einen nennenswerten Beitrag leisten zu können“, sagt Kneiber, der auch von einem „Herstellervakuum“ in Europa spricht. Es gebe keinen einheitlichen Weg. Jeder verfolge seine eigene Strategie. „Angefangen vom Megawatt-Laden aus dem VW-Konzern, bis hin zu Daimler und Volvo, die gemeinsam die Brennstoffzelle nach vorne entwickeln.“

Der Oberleitungs-Lkw könnte da schon auch eine Lösung sein, aber nur als europäische Lösung, ansonsten, so die Einschätzung von Kneiber, wird der Durchbruch nicht gelingen.

Planungssicherheit fehlt

Josef Heiß sieht das nicht anders und auch der kämpft mit der „Technologieoffenheit“, mit der die Hersteller aktuell Lösungen für den Markt entwickeln. „In der Praxis brauchen wir vor allem Planungssicherheit. Wir können nicht so schnell das Pferd wechseln und im Moment ist LNG besser als nichts tun“, sagt Heiß, der wie viele seiner Branchenkollegen Investitionsentscheidungen wirtschaftlich mit Blick auf Kosten, Infrastruktur und Technologiereife treffen muss.

Sein Fazit zum Think Tank: „Wir müssen gegenüber neuen Technologien sehr offen und experimentierfreudig bleiben. Als Vorreiter für alternative Antriebe prüfen wir den Elektroantrieb für bestimmte Verkehre genauso wie zukünftig die Wasserstofftechnologie, wenn sie auf den Markt kommt. Wichtig ist es, dass wir uns nicht verzetteln und sich ein klarer Trend abzeichnet, denn unterm Strich muss die Rechnung aufgehen.“ Und an dieser Stelle ist dann auch die Politik gefragt, die eine gewisse Richtung vorgegeben muss.ha

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Seite 10 | Rubrik NFZ-MESSE.COM