Wielton startet Marktoffensive: Neuer Hydropulser in Wielun eingeweiht: Neuer Vibrations-Prüfstand bei Wielton

Auch über den Königszapfen werden originalgetreue Belastungen in allen Richtungen eingeleitet (Foto: Wielton)
Auch über den Königszapfen werden originalgetreue Belastungen in allen Richtungen eingeleitet (Foto: Wielton)
Robert Domina

Der polnische Trailerhersteller Wielton setzt seine Marktoffensive fort. Nach der Übernahme von Fruehauf und der Eröffnung einer Vertriebszentrale in Frankfurt/Main hat man den neuen Hydropulser am Heimatstandort Wielun eingeweiht.
Der Trailer wird mächtig durchgeschüttelt: Die Plane schlägt, der Aufbau verwindet sich, die Achsen vibrieren. „Passen Sie auf, jetzt kommt gleich der Bahnübergang“, erklärt Wieltons technischer Direktor Miroslaw Jens begeistert im schallgedämmten Kontrollraum. Es ist verblüffend: Was man im nächsten Moment auf dem Monitor als besonders starke seismische Ausschläge sehen kann, ist tatsächlich auch zu hören: Der Trailer donnert gerade quer über die Gleise, die Achsen tanzen auf den Hydraulikstempeln genau im Rhythmus der Schienenabstände. Um diesen Weg mit ausgeprägtem Schlechtweg-Charakter aufzuzeichnen, habe man nicht weit fahren müssen. Der Bahnübergang und die Schüttelstraße sind real vorhanden, keine zwanzig Kilometer hinter dem Werksgelände, außerhalb von Wielun.
Die Kleinstadt mit ihren knapp 25.000 Einwohnern ist stark geprägt vom Stammwerk des polnischen Trailerherstellers Wielton. Erst seit 1996 werden hier Trailer aller Art gebaut: Zuerst Kipper, Plattform- und Schiebeplanentrailer, später kamen Agraranhänger hinzu. „Das ganze wird ziemlich ‚bulletproof‘ für den russischen Markt gebaut – also schwer und robust“, erklärt Vize-Vorstand Thomas Hajek. Und fügt hinzu: „Kugelsicher sind die Bordwände der Russen-Kipper bestimmt auch. Aber für unsere Ur-Märkte kam es auf Robustheit und Langlebigkeit an.“ Dass der eine oder andere Trailer dabei auch etwas schwerer ausfiel, als in der westlichen Hälfte Europas üblich, machte die Wielton-Sattel westlich der Oder anfangs nicht besonders attraktiv.

Schnellere Entwicklung
Das wird sich ändern. Denn erstens können die Polen auch Leichtbau und zweitens werden sie bei der Entwicklung konkurrenzfähiger Sattel auf ihr neuestes Werkzeug, den Hydropulser, zurückgreifen können. Und das macht die Entwicklung nicht nur schneller, sondern auch viel zuverlässiger. Während die meisten Trailerhersteller die Langzeiterprobung mit einzelnen Testexemplaren in den Flotten der Kunden durchführen, kann Wielton (und übrigens als einziger Wettbewerber auch Schmitz Cargobull in Altenberge)auf den Hydropulser zur Optimierung von Rahmenstrukturen, Achsen und Aufbauten zurückgreifen.

Schwachpunkte erkennen
Und das quasi im Zeitraffer-Verfahren: Eine 100.000-Kilometer-Etappe im Leben eines Trailers kann in der neuen Hydropulser-Halle in zwei bis drei Monaten statisch durchlaufen werden. Und dann sieht man schnell, wo die Schwachstellen liegen. Denn trotz CAD-Konstruktion und Finite-Elemente-Methode auf dem Computer-Monitor: Nichts geht über die reale Schüttelpiste, die hier im Labor simuliert werden kann. „Minimierung des Mängelrisikos“ nennt man das bei Wielton. Dabei geht es weniger darum, wie man vielleicht vermuten könnte, hier und dort zu verstärken, um Schwachstellen zu beseitigen.
Der Weg zum optimierten Trailer verläuft eher andersherum: Wegnehmen heißt die Devise. Da, wo keine zerstörerischen Kräfte wirken, braucht man auch weniger Material – der Prüfling wird so immer leichter. Bis er bricht. Kurz vor diesem Stadium hat man dann erreicht, was man wollte: den leichten und dennoch an den richtigen Stellen verstärkten Trailer.
Hohe Investitionssumme
Dafür hat Wielton fünf Millionen Euro in den Hydropulser samt 600-Tonnen-Betonfundament und Halle investiert. Dass davon 1,14 Millionen Euro aus EU-Fördermitteln stammen, ist kein Geheimnis. Auch weitere EU-Fördermittel und die deutlich niedrigeren Löhne der Werker sind kein Geheimnis, auch wenn Vorstand Hajek den Standortvorteil gerne relativiert: „Löhne sind ein Aspekt – aber nicht der wichtigste. Unsere hoch qualitativen Komponenten wie Achsen, Bremsen, Lampen und Dächer verwenden auch unsere Wettbewerber. Und da zahlen wir alle die gleichen Preise.“ Auch wolle man die Offensive nach Westeuropa keinesfalls über den Preis befeuern. Das wäre zu kurz gedacht. Schließlich biete man ein qualitativ hochwertiges Produkt an.
Die Produktionswege in den zum Teil weit verstreuten Fertigungshallen sind teilweise hochmodern, teilweise noch von althergebrachten Verfahrensweisen geprägt. So muss schon mal die gute alte Wasserwaage herhalten, um die Achsaufnahme sauber am Rahmen zu platzieren. Gleich daneben brennen Lasercutter hochgenau Kleinteile aus den Rohmaterialien Stahl und Alu. Geschweißt wird noch viel von Hand. Meterlange Nähte, vor allem bei den Alu-Kastenmulden,zieht aber auch schon mal ein Roboter, kontrolliert von einem Werker, der, mit Schweißmaske bewaffnet, nebenher läuft. Die Luft ist ozongeschwängert, Frischluft unter den Schweißmasken ist Mangelware. Teilweise automatisiert
Aber: Die Fertigungstiefe im Rohbau ist hoch, das spart Transportwege und Zulieferkosten. Ähnlich gemischt ist das Bild in den modernen Lackierhallen: Standardchassis werden komplett von Robotern grundiert und lackiert, kleinere Serien und Sonderteile von Menschenhand.
Auffallend jung ist die Belegschaft bei Wielton, vor allem inden Entwicklungs- und Konstruktionsabteilungen. Kein Wunder: Schon seit Jahren arbeitet man mit der Schlesischen Technischen Universität in Gleiwitz zusammen. Dort rekrutiert man direkt qualifiziertes Personal für Entwicklung und Konstruktion.
Wielton schickt sich also in großen Schritten an, den Westen zu erobern. Dass die Polen in der Lage sind, den angestammten Platzhirschen auf den westeuropäischen Märkten Anteile streitig zu machen, ist nach diesem Besuch im Stammwerk unstrittig. Die Frage ist nur, ob sie auch zum rechten Zeitpunkt liefern können. Im Moment steht man bei acht bis zwölf Wochen Lieferzeit. Das Werk läuft im Dreischichtbetrieb.
Vielleicht kann man bei der Produktion noch eine Schippe drauflegen. Schließlich fertigt Wielton jetzt auch bereits die spezialisierten Trailer für Cardi sowie Chassis für Merker. Und das wäre dann wirklich ein schlechter Witz: Wenn die Nachfrage aus den westlichen Märkten steigt und Wielton kann nicht liefern. rod
Weitere Bilder vom Rüttelprüfstand und dem Wielton-Werk in Polen finden Sie in unserer Bildergalerie unter www.transport.de

 

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