Transport: Mit neun Jahren sind Sie das erste Kartrennen gefahren. Was hat Sie denn damals dazu animiert, mit dem Motorsport anzufangen?
Steffi Halm: Eigentlich war alles reiner Zufall. Sehr gute Freunde meiner Eltern, mit denen waren wir damals viel unterwegs. Die haben einen Sohn, der fast genauso alt ist wie ich. Mit dem war ich damals sehr viel zusammen und der hatte ein Go-Kart. Mit dem bin ich dann eben auch gefahren und das hat mir riesigen Spaß gemacht. Irgendwann bin ich dann mein erstes Kartrennen gefahren. Später, als ich älter war, bin ich dann in den Formelsport umgestiegen und von dort in den Tourenwagenbereich.
Transport: Ihr erstes Lkw-Rennen fuhren Sie 2011, für eine Frau eine eher ungewöhnliche Sportart. Außer Ihnen gibt es da im Augenblick nur noch Ellen Lohr. Wie kam es denn zu diesem Schritt?
Halm: Markus Bauer kam 2011 auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich für sein Team Lkw-Rennen fahren möchte. Der Kontakt zu ihm ist zufällig entstanden. Das Team und ich wohnen sehr nah beieinander und so wusste Markus von meiner Motorsportaktivität. Als er mich dann wegen dem Truck Race fragte, habe ich zugesagt, weil ich einfach total Motorsportbegeistert bin. Die Vorstellung, einmal bei einem Lkw-Rennen mitzufahren, fand ich total spannend. Getrieben hat mich dabei die Neugierde, etwas Neues auszuprobieren.
Transport: Übte damals die Vorstellung, einen Lkw zu fahren, eine besondere Faszination auf Sie aus?Halm: Ich hatte am Anfang erst einmal keinen besonderen Bezug zum Lkw. In meiner Vorstellung war das vor allem ein Riesengeschoss. Ich dachte, das sind solche, wie man sie jeden Tag auf der Straße sieht. Wie die richtigen Renn-Lkw aussehen, wusste ich zum damaligen Zeitpunkt nicht. Die habe ich erst kennengelernt, als ich das erste Mal auf der Strecke war. Für mich war das damals eine vollkommen neue und spannende Welt.
Transport: Als Frau gehörten sie im Rennsport sicherlich schon immer einer Minderheit an. Als Lkw-Rennfahrerin bewegen Sie sich in einer absoluten Männerdomäne. Haben Ihre Kollegen Sie von Anfang an ernst genommen oder wurden Sie anfangs eher ein wenig belächelt?
Halm: Die anderen Fahrer haben mich von Anfang an sehr gut aufgenommen, waren offen und freundlich. Sie haben mir Hilfestellungen gegeben und mir gezeigt, wie ich mit dem Fahrzeug besser zurechtkomme. Und sie haben mir immer wieder mit Tipps weitergeholfen, wenn ich Probleme hatte. Ich habe mich bei den Lkw-Rennen von den anderen Fahrern auf Anhieb aufgenommen und sofort wohl gefühlt.
Transport: Im alltäglichen Umgang miteinander, auf der Rennstrecke und im Fahrerlager – hofieren die männlichen Kollegen Sie als Fahrerin besonders oder brauchen Sie eher ein dickes Fell und müssen ständig beweisen, dass sie der bessere Kerl sind?
Halm: Beim Truck Race war das alles nie wirklich ein Thema. Schwierig war das eher in anderen Bereichen und einer anderen Altersklasse, damals, als wir so um die 15 oder 16 waren. Inzwischen komme ich mit meinen Kollegen bestens zurecht. Natürlich ist der Umgang von Männern untereinander anders als der von Frauen. Und auch wenn ich dabei bin – die anderen Fahrer nehmen kein Blatt vor den Mund. Aber es gab da nie irgendetwas Persönliches in meine Richtung, sodass ich das Gefühl gehabt hätte, ich müsste gehen.
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Transport: Geht es Ihnen vielleicht auch ein wenig darum, zu zeigen, dass auch eine Frau eine wirklich gute Lkw-Pilotin sein kann und sehen Sie sich dabei in einer Vorbildfunktion?
Halm: Für mich stehen bei meinem Sport der Spaß und der Ehrgeiz im Vordergrund. Ich selbst bin unglaublich ehrgeizig und will immer das bestmögliche aus mir und meinem Fahrzeug herausholen. Es geht mir darum, möglichst gut und erfolgreich Lkw zu fahren. Eine Vorbildfunktion, die übernehme ich eher unbewusst. Immer wieder bekomme ich entsprechendes Feedback von Mädchen oder Frauen, die mir sagen, wie toll sie es finden, dass ich Rennen fahre und die sich von mir motiviert fühlen. Und wenn ich damit bei anderen Frauen Begeisterung für den Motorsport auslöse, dann finde ich das natürlich gut. Aber es ist nicht das, was mich antreibt. Das ist wirklich in erster Linie mein ganz persönlicher Ehrgeiz.
Transport: Beim Rennen selbst, auf was setzen Sie da in erster Linie? Strategie, Können, Instinkt, weibliche Intuition, Fahrzeug oder eine Mischung aus allem?
Halm: Lkw-Rennen, das ist ein Teamsport, wie Handball oder Basketball auch. Nur wenn alles zusammenpasst, dann funktioniert es auch wirklich gut. Dabei spielen mehrere Punkte eine Rolle. Neben mir sind da noch meine Mechaniker, die sich um das Setting des Fahrzeugs kümmern. Zu denen muss ich Vertrauen haben. Die sorgen dafür, dass der Lkw ohne technische Probleme läuft und für die Rennen optimal gerüstet ist.
Die Informationen dazu muss aber ich ihnen geben. Ich muss spüren, was das Auto macht und was notwendig ist, um es schneller zu machen. Nur dann können die Mechaniker ein optimales Setting hinbekommen. Daneben muss natürlich auch die fahrerische Leistung stimmen. Ich darf keine Fehler machen und muss ausreichend konzentriert bei der Sache sein. Erfahrung ist dafür ebenfalls wichtig. Ich muss schnell erkennen, wenn ein Fahrer vor mir einen Fehler macht, um diesen zu nutzen. Aus Erfahrung weiß ich, wie ich das für mich nutzen kann. Aber letztendlich sind natürlich auch viele Reaktionen rein instinktiv. Ich kann noch so oft den Rennstart vorab gedanklich durchspielen und mir überlegen, wo ich fahre und wie ich reagiere – aber dann kommt es immer anders und man muss auf die Situation schnell reagieren.
Transport: In Nogaro sind Sie erstmalig im Team von Reinert Racing mit René Reinert als Teamkollegen gestartet. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Halm: René Reinert und ich, wir kennen uns von der Truck Europameisterschaft der vergangenen Jahre. Dort sind wir zusammen Rennen gefahren. Letztes Jahr hat er mich dann eingeladen zu einem Test auf der Rennstrecke. Er hat gesagt, dass er 2015 vielleicht einen zweiten Truck einsetzen möchte. Danach hat er das Projekt aber erst einmal auf Eis gelegt. So einen Renn-Truck einzusetzen ist schließlich mit einer Menge Aufwand verbunden und es will genau geplant sein. Und nicht zuletzt muss die Finanzierung gesichert sein. Und das alles war damals nicht gegeben.
Transport: Sie selbst sind ja bisher mit einem privaten Team unterwegs gewesen und wechseln jetzt in einen etwas professionelleren Rennstall. Welche Erwartungen verknüpfen Sie damit?
Halm: Ich habe jetzt einen unwahrscheinlich guten Lkw, mit dem man auch Rennen gewinnen kann. Das hat Jochen Hahn mit dem Fahrzeug bereits bewiesen. Leider hatte ich vor Nogaro keine Möglichkeit mehr, das Fahrzeug zu testen, da der Truck erst wenige Tage vorher fertig wurde. Trotzdem, meine Erwartungen an mich selbst sind sehr, sehr groß. Meine Devise war nie die: „Dabei sein ist alles“.
Ich bin unglaublich ehrgeizig. Das macht mich zwar manchmal etwas ungeduldig, treibt mich aber auch an. Wichtig war mir für Nogaro, dass ich schnell mit dem Lkw zurechtkomme und das Potenzial des Trucks ausschöpfen kann. Ich will schnellstmöglich super Zeiten fahren. Aber natürlich bin ich nicht Jochen Hahn. So viel Erfahrung wie er habe ich noch nicht. Trotzdem – langfristig gesehen möchte ich auf jeden Fall ganz, ganz vorne mitfahren. Und wie schon gesagt – mit dem Lkw jetzt sind die Voraussetzungen sehr gut.
Transport: Für den Truck-Grand-Prix am Nürburgring, haben Sie sich dafür bestimmte Ziele gesetzt?
Halm: Beim Qualifying möchte ich auf jeden Fall unter die Top Ten kommen, am liebsten unter die ersten fünf bis sieben. Im Rennen will ich die Position dann halten, wenn’s gut geht sogar verbessern. Beim zweiten Durchgang erhoffe ich mir durch den Reversed Grid gute Chancen. Dabei wird die Startreihenfolge der ersten acht Lkw von Rennen 1 umgedreht – für mich vielleicht sogar Gelegenheit, um ganz nach vorne fahren zu können.
Transport: Und wie sehen Ihre Ambitionen für die Rennsaison insgesamt aus? Werden Sie weitere Rennen fahren?
Halm: Weitere Rennen für diese Saison sind im Gespräch, aber persönlich haben René Reinert und ich noch nicht darüber gesprochen. Das muss sich erst noch herausstellen, ob welche und wie viele. Ich hoffe jedenfalls, dass es nach dem Nürburgring noch weiter geht.
Das Interview führte Christine Harttmann, Redakteurin der Zeitung Transport
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