Einkaufen will erlaubt sein

Spediteure, die für ihre Kunden eine Transportversicherung einkaufen sollen, brauchen neuerdings dafür eine Erlaubnis, wenn sie weiterhin gegen ein Entgelt tätig bleiben wollen.

Wer für seinen Kunden eine Transportversicherung abschließen soll, der benötigt eine Erlaubnis. Bild: Steve Buissinne/Pixabay
Wer für seinen Kunden eine Transportversicherung abschließen soll, der benötigt eine Erlaubnis. Bild: Steve Buissinne/Pixabay
Redaktion (allg.)
Versicherung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte entschieden, dass Unternehmen als Versicherungsvermittler einzustufen seien, wenn sie Gruppenversicherungen vermitteln (AZ C-633/2). Darauf beruhend hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Rechtsstreit ebenfalls entschieden, dass Unternehmen, die Gruppenversicherungen vermitteln, als Versicherungsvermittler zu betrachten seien (AZ: IZR 8/19). In weiterer Folge stellte das Bundesamt für Dienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) in einer gemeinsamen Stellungnahme, dass die gewerberechtlichen Vorgaben zur Vermittlung von bestimmten Gruppenversicherungen auch für Spediteure greifen, die ihren Kunden eine Transport-General-Police vermitteln.

Genehmigung erforderlich

Die vorstehenden Entscheidungen/Auffassungen überraschten Spediteursverbände und Spediteure gleichermaßen. Tatsache ist, dass Spediteure gesetzlich und vertraglich gehalten sind, eine Transportversicherung für den Kunden nach § 454 Absatz 2 Handelsgesetzbuch sowie gemäß Ziffer 21 Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen in der Fassung von 2017 zu besorgen.

Spediteure, die sich weiterhin für ihre Kunden mit einer Warentransportversicherung eindecken wollen, brauchen eine Erlaubnis, die die zuständige IHK erteilt, wenn folgende Punkte erfüllt sind: Der Spediteur erzielt mit der Vermittlung einer Transportversicherung einen ökonomischen Vorteil. Zum Beispiel erhält er einen Speditionsrabatt vom Transportversicherer für seine Tätigkeit. Der Kunde des Spediteurs hat gegenüber dem Transportversicherer einen Direktanspruch im Versicherungsfall. Die Aufnahme zur Transportversicherung erfolgt aus Kundensicht freiwillig. Im Übrigen gelten die vorstehenden drei kumulativen Kriterien nicht nur im B2C-, sondern auch im B2B-Bereich.

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Spediteure, die sich entscheiden, bei der zuständigen IHK eine Erlaubnis zu erlangen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen bei der IHK einen Antrag stellen. Außerdem muss der Spediteur nachweisen, dass er sachkundig und zuverlässig ist. Der Spediteur verfügt über geordnete Vermögensverhältnisse. Zudem benötigt der Spediteur eine Berufshaftpflichtversicherung, die er im Regelfall – anders als zum Beispiel ein Steuerberater – nicht in seinem Versicherungsportfolio hat.

Die Kosten

Wenn sich der Spediteur entscheidet, eine Erlaubnis für eine Gruppenversicherung bei der IHK zu beantragen, so kommen folgende Kosten auf ihn zu: Für den Antrag selbst fallen circa 150 bis 200 Euro an. Erteilt die IHK eine Erlaubnis, erfolgt eine Eintragung ins Vermittlerregister. Dafür fällt eine einmalige Gebühr in Höhe von circa 50 Euro an. Darüber hinaus fällt eine jährliche Versicherungsprämie für die zwingend abzuschließende Berufshaftpflichtversicherung an. Eine solche Versicherung sollte den Spediteur nicht mehr als 200 bis 500 EuroVersicherungsprämie kosten. Darüber hinaus muss der Spediteur ein Führungszeugnis und ein Gewerbezentralregisterauszug vorlegen. Üblicherweise kostet die Beantragung jeweils in etwa 13 Euro, also in Summe rund 26 Euro.

Viele Transportversicherer haben bereits reagiert und verkaufen an ihre Spediteure nur noch dann eine Transportversicherung, wenn sie entweder im Besitz einer Vermittlerlizenz sind oder auf ihren Spediteursrabatt verzichten. Das vorstehende Vorgehen ist nachvollziehbar, denn der Transportversicherer unterliegt einer Compliance-Pflicht. Nach § 48 Vertragsaufsichtsgesetz ist er grundsätzlich verpflichtet, nur mit Versicherungsvermittlern zu kooperieren, die über eine Erlaubnis verfügen.boe

Experten-Meinung

  • Der EuGH hat den Begriff des Versicherungsvermittlers, bezugnehmend auf die EU-Richtlinie 2002/EG und 2016/97/EU, sehr weit ausgelegt.
  • Eine Erlaubnis ist dann nicht erforderlich, wenn der Spediteur die Police ohne einen wirtschaftlichen Vorteil mit der Vermittlung für sich zu erzielen, vermittelt. Ein Spediteursrabatt gilt als Entgelt.
  • Die Erlaubnispflicht gilt auch für alle Lagerhalter, Transportunternehmer, Paketdienstleister und Umzugsunternehmer, die eine Transportversicherung im Auftrag ihrer Kunden im B2C und B2B gegen ein Entgelt vermitteln.
  • Der Spediteur sollte durch die IHK prüfen lassen, ob er eine Erlaubnisbefreiung nach § 34 Absatz 6-8 Gewerbeordnung erhält. Dies könnte dann möglich sein, wenn der Umsatz als Versicherungsvermittler nicht den gesetzlichen Mindestgrößen entspricht. Es ist davon auszugehen, dass diese Option nur für wenige Spediteure relevant ist.
  • Eine Erlaubnis zur Vermittlung von Transport-/Lagerversicherungen kann sowohl einem Unternehmen oder einer einzelnen Person des Spediteurs erteilt werden. Der Mitarbeiter muss sich jährlich mindestens 15 Stunden weiterbilden.

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Seite 10 | Rubrik MANAGEMENT