Absolut losgelöst: E-Trailer autark

Zusammen mit dem Aachener Unternehmen Trailer Dynamics hat Krone eine E-Achse entwickelt, die unabhängig von der Sattelzugmaschine arbeitet. Jetzt kürte das Netzwerk Zenit e.V. die beiden Kooperationspartner mit seinem Innovationspreis.

Beschleunigt oder bremst die Zugmaschine völlig autonom: Die eAchse ersetzt bei diesem System die mittlere der drei Trailerachse. Rückgewonnene Bremsenergie nimmt eine im Trailer-Chassis platzierte Puffer-Batterie auf. Geregelt wird alles – und das ist neu - über einen sensierten Königszapfen. Bild: Trailer Dynamics
Beschleunigt oder bremst die Zugmaschine völlig autonom: Die eAchse ersetzt bei diesem System die mittlere der drei Trailerachse. Rückgewonnene Bremsenergie nimmt eine im Trailer-Chassis platzierte Puffer-Batterie auf. Geregelt wird alles – und das ist neu - über einen sensierten Königszapfen. Bild: Trailer Dynamics
Redaktion (allg.)
Trailertechnik

Am 17. Januar wurde der mit 10.000 Euro dotierte Innovationspreis des Netzwerk Zenit e.V. von NRW-Innovationsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart und dem Netzwerkvorsitzenden Thomas Eulenstein an Krone und Trailer Dynamics überreicht – für eine elektrische Achse. Die Tests mit einem ersten Prototyp bestätigen die großen Erwartungen. Eine von üblicherweise drei Trailerachsen zu elektrifizieren, spart Energie, verringert den CO2-Ausstoß und spart Kraftstoff im europäischen Standard-Fernverkehrssattel. Bei elektrisch angetriebenen Sattelzügen könne die E-Achse im Trailer zudem die Reichweiten signifikant erhöhen. Wichtigste Zielgruppe sei für Trailer Dynamics im ersten Schritt daher vor allem die Bestandsflotte an dieselgetriebenen Sattelzügen.

„Wir gehen davon aus, dass diese Systeme noch für die nächsten 20 bis 30 Jahre die überwiegende Motorisierung des Langstrecken-Güterverkehrs darstellen“, so die Geschäftsführer Michael Nimtsch, Abdullah Jaber und Jochen Mählmann.

Da es für Lkw, die vor allem auf Kurzstrecken unterwegs sind, bereits Lösungen zur Schadstoffverringerung gibt, liege der Fokus von Trailer Dynamics auf Diesel-Lkw, die bei ihren Fahrten mehr als 500 Kilometer zurücklegen. Deren Treibstoffverbrauch soll um mehr als 20 Prozent gesenkt werden – eine Einsparung von jährlich mindestens 20 Tonnen CO2 pro Sattelzug. Bei einem angenommenen Marktanteil an den E-Trailern von nur zehn Prozent würde dies in Deutschland zu einer jährlichen Emissionsreduktion von mehr als einer Million Tonnen CO2 führen.Profitieren vom E-Trailer sollen sowohl Umwelt als auch Logistikunternehmen. Dank der zusätzlichen Leistung aus der E-Achse werde die Sattelzugmaschine im Antrieb unterstützt, im Umkehrschluss ließe sich zusätzlich die Zugmaschine eine Leistungsklasse kleiner dimensionieren, um so die laufenden Betriebskosten zu reduzieren.

Intelligenter Zapfen

Das System lässt sich mit allen gängigen Sattelzugmaschinen kombinieren. Möglich macht dies ein „intelligenter“ Königszapfen der eigens von Trailer Dynamics entwickelt wurde. Über das redundante Kupplungssystem wird die Kraft, die auf den Kingpin beim Beschleunigen oder Abbremsen des Zuges einwirkt, gemessen und weiterverarbeitet.

Zu Beginn der Entwicklung wurde noch der Königszapfen selbst mit aufgeätzten Lastsensoren versehen. Diese Vorgehensweise zeigte sich jedoch nicht als verschleißresistent genug: Wer den Verriegelungsmechanismus einer Sattelkupplung kennt, weiß, dass dort, wo Kingpin und Verriegelungshaken sich berühren, enorme Kräfte walten. Selbst ein so qualitativ hochwertiges Bauteil wie ein Königszapfen unterliegt einem gewissen Verschleiß.

Deshalb hat Trailer Dynamics die Sensierung in die Schrauben der Kingpin-Befestigung verlegt. Dort sind die Kraftmess-Schichten vor Verschleiß durch Reibung geschützt und liefern genauso Signale bezüglich Beschleunigung und Verzögerung des Trailers während der Fahrt.

Die vorgestellte Technik ist also marktgerecht robust und kann in jeder Werkstatt gewartet oder im Schadensfall unkompliziert ersetzt werden. Die spezielle Trailer Dynamics-Sensorik ermöglicht die direkte Messung der Schub- und Zugkräfte, die der Trailer auf die Sattelzugmaschine ausübt. Die so erzeugten analogen Signale werden verstärkt, digitalisiert und dienen zur Regelung der E-Achse im Trailer. Damit kann der E-Trailer die Sattelzugmaschine unterstützen, indem er seine Fahrwiderstände verkleinert und sich quasi möglichst „leicht“ macht. Andersherum kann der elektrische Antriebsstrang im E-Trailer bei Bergabfahrt (Schub) Bremsenergie rückgewinnen. Das Ganze geschieht vollkommen automatisiert und autonom vom Trailer aus. Eine Verbindung zur Zugmaschine entfällt damit komplett.

Völlig unabhängig

Je nach Streckenprofil sollen sich mit dieser E-Trailer-Technik offensichtlich erkleckliche Energiemengen einsparen lassen. Darüber hinaus soll der E-Trailer durch den sensierten Königszapfen völlig unabhängig von der Zugmaschine arbeiten –ohne irgendeine Verbindung zum Zugfahrzeug.

Klingt einfach, ist aber alles andere als trivial. Denn schließlich muss der E-Trailer in jeder Situation richtig reagieren. Das heißt auch, dass Befehle aus dem elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) jederzeit richtig interpretiert werden müssen, um die Fahrstabilität auch bei Glätte garantieren zu können.

Die von der E-Achse rekuperierte Energie könnte zudem nicht nur als Power-Booster für die Zugmaschine genutzt werden, sondern auch, um etwa ein Kühlaggregat im Kühlzug zu speisen. Insofern wäre ein solches System eine ideale Brückentechnologie auf dem Weg zum vollelektrischen Sattelzug – mit dem Vorteil, bereits jetzt eine Menge Treibhausgas einzusparen. Wir bleiben dran und hoffen, bereits im Frühjahr einen ersten Fahrbericht liefern zu können. rod

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Seite 14 | Rubrik FAHRZEUG UND TECHNIK