Studie beleuchtet Umweltwirkung Lieferverkehr: Elektromobilität & Mikro-Depot/Lastenrad als Lösung: Die Zukunft der City-Logistik
Eine Studie beleuchtet erstmals die Umweltwirkung des Lieferverkehrs und skizziert, wie nachhaltige Stadtlogistik aussehen soll. Zentral: Elektromobilität und die Kombination Mikro-Depot/Lastenrad.
Sie sind aus dem Straßenbild nicht mehr wegzudenken: die gelben, braunen, weißen Kastenwagen, die am Straßenrand oder auch auf der Straße parken und den gewaltigen Boom beim E-Commerce aus dem virtuellen Raum im wahrsten Sinne des Wortes auf die Straße bringen. Erstmals hat jetzt eine Studie des BIEK untersucht, welche Umweltwirkungen von den Kurier-, Paket- und Expressdiensten ausgehen. Der Autor der Studie, Prof. Dr. Ralf Bogdanski fand so gut wie keine Daten dazu und monierte in dem Zusammenhang, dass die Zuständigkeiten für den Wirtschaftsverkehr „stark fragmentiert“ seien. Und vor allem: „Es gibt keine Entscheidungskompetenz in den Umwelt- und Wirtschaftsbehörden.“ Ein wichtiges Ergebnis der Analysen und Befragungen von KEP-Unternehmen, dem Handelsverband und Einzelhändlern, die in den Städten Nürnberg und Frankfurt stattfanden: „Die Belastung durch KEP-Dienste geht fast im Grundrauschen der Umweltbelastungen in der Stadt unter.“ Zumal der Lieferverkehr nicht gesondert erfasst wird, sondern im Schwerlastverkehr summiert werde. Allerdings gebe es externe Effekte, insbesondere was den Verkehrsfluss und die Sicherheit beträfe. Generell wird der Lieferverkehr von den Kommunen als „Grundversorgung der Stadt“ akzeptiert.
Problem Parkplatzsuche
Größtes Problem bei der Zustellung ist für die Fahrer übrigens: einen Parkplatz zu finden. Meist stehen die Lieferfahrzeuge in zweiter Reihe. Das wird nur teilweise toleriert: Allein für Frankfurt ermittelte die Studie jährlich 70.000 Verstöße im Ladebereich. Und auch wenn die eingesetzten Fahrzeuge sehr modern sind (Euro 4 und besser), es handle sich doch um „konventionelle Fahrzeuge“: 98 Prozent dieselbetriebene Transporter, in der Mehrzahl bis 3,5 Tonnen. Erdgas spielt laut befragten Diensten aus Kostengründen und wegen mangelhafter Infrastruktur (wenige Tankstellen, lange Tankdauer) so gut wie keine Rolle.
Andere alternative Antriebe werden bisher allenfalls als „Pilotprojekte“ eingesetzt. Vielversprechende Ansätze wie das ISOLDE-Projekt „vollelektrischer Zustellung“ in Nürnberg, das nach dem Ende der Förderung von DPD übernommen wurde, blieben singulär. Hauptursache für den zögerlichen Einsatz der umweltfreundlichen Transporttechnologie bei den KEP-Diensten und ihren Vertragspartnern sind die hohen Investitionskosten, aber auch das fehlende Angebot von logistisch geeigneten Nutzfahrzeugen seitens der etablierten Fahrzeughersteller. Es gelte aber, die innerstädtische Belieferung auf der letzten Meile, die zugleich für im Schnitt 45 respektive bis zu 65 Prozent der Kosten steht, nachhaltiger zu gestalten. Dafür sieht Logistikexperte Bogdanski vor allem zwei Säulen: die stärker zu fördernde Elektromobilität sowie die Kombination Mikro-Depots und Lastenräder für die „allerletzte Meile“ (siehe Kasten).Haupttreiber der Entwicklung für mehr Nachhaltigkeit seien die zunehmend rigiden Zufahrtsbeschränkungen der Städte aufgrund von Luftreinhalteplänen, aber auch die Reduzierung des CO2-Ausstoßes, sprich der Klimaschutz, sowie der vermehrte Zuzug in Ballungsräume.
„In den Zielsetzungen besteht zwischen den Beteiligten große Übereinstimmung“, konstatiert Bogdanski. Zumal aus Sicht der KEP-Dienste die Vorgabe ökonomischer Ziele auch den Einsatz modernster Technik fördere. Gerade in Anbetracht dieser Tatsache geschehe zu wenig. Für die Umsetzung nachhaltiger Stadtlogistik müssten sich die Rahmenbedingungen grundlegend ändern, nicht zuletzt die Straßenverkehrsordnung. Auch die Stadtplanung müsse umdenken, man brauche Sondernutzungsflächen, befand Bogdanski. Es gehe um eine Priorisierung des Wirtschaftsverkehrs, etwa durch Einrichtung spezieller Ladezonen samt Stromanschlüssen für gewerbliche Transporter.
Kooperativ zu mehr Nachhaltigkeit
Ein erfolgreiches Praxisbeispiel für die grundsätzliche Funktion des Mikro-Depot-Konzeptes gibt es bei UPS in Hamburg. Seit November 2012 wird hier ein Mikro-Depot betrieben, das von der Stadt Hamburg als Sondernutzung einer Verkehrsfläche gerade verlängert worden ist. Jüngst fand die Förderung sogar Aufnahme im Koalitionsvertrag. Auf circa 25 mal 2,5 Metern (mit Rangierfläche) wird täglich ein Container gewechselt, für Sendungen von bis zu 400 Kunden in der Zustellung und in der Abholung.
Der Radius des Zustellgebietes beträgt 400 bis 500 Meter, Zusteller mit zwei konventionellen Lastenfahrrädern (Kapazität circa 0,7 m³) sowie mit fußläufigen Stapelkarren bedienen von 9:30 bis 18:00 Uhr die „allerletzte Meile“. Aufgrund der positiven Erfahrungen prüft das Unternehmen weitere Mikro-Depots in Hamburg und anderen Städten. Auch in Stuttgart denkt der Gemeinderat derzeit über zentrale Containerstandorte nach.
Alternativ zur Adresszustellung empfiehlt die Studie die Einrichtung kooperativ genutzter „Makro-Paketshops“, die für die nachhaltige Stadtlogistik großes Potenzial böten und auch als Andockpunkt und Mikro-Depot für Lastenräder dienen könnten. Diese wären für den Betreiber sogar ausschließliche Einnahmequelle und ein neues Geschäftsmodell. Paketboxen generell sieht die Studie übrigens aufgrund der Stellflächen- und Stadtbildproblematik keine massenhafte Anwendung und abnehmende Akzeptanz der Kommunen, zumal wenn jeder Dienst seine eigenen Stationen aufstellen wolle. Interessante Anregung, die die Studie aufgriff: Die nächtliche Belieferung der Mikro-Depots mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie U-Bahn oder Straßenbahn. Der Klärungsbedarf für eine ÖPNV-Belieferung sei allerdings noch sehr groß.
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