Mercedes-Benz Sprinter: Neue FWD-Version, moderater Basispreis & mehr Volumen: Bestseller mit Schliff

Alles nach vorn: Der Fronttriebler fährt sich etwas weniger agil, dafür hat er wahlweise 9 Gänge und mehr Stauraum. Breite Stufe in der Front, gut dimensionierte Spiegel, wahlweise LED-Hauptlicht oder Chrom. (Foto: Daimler AG)
Alles nach vorn: Der Fronttriebler fährt sich etwas weniger agil, dafür hat er wahlweise 9 Gänge und mehr Stauraum. Breite Stufe in der Front, gut dimensionierte Spiegel, wahlweise LED-Hauptlicht oder Chrom. (Foto: Daimler AG)
Johannes Reichel

Die gute Nachricht zuerst: Der neue Sprinter ist weiter ein Sprinter, nur eben besser. Das wird Auf- und Ausbauhersteller freuen, deren Anschlagspunkte unverändert bleiben, wie überhaupt sich die Karosseriestruktur unter der geglätteten, im Vergleich deutlich moderneren Blechhaut unverändert zeigt.
Besser wurde der Sprinter vor allem durch das Hinzufügen einer frontangetriebenen Version (FWD), eine Forderung vieler KEP-Kunden. Die können sich neben einem moderaten Basispreis von 19.990 Euro über eine acht Zentimeter niedrigere Ladekante freuen – und entsprechend mehr Volumen. Allerdings erfordert der seitliche Zustieg Zugeständnisse, denn auf eine Zwischenstufe wurde verzichtet – zugunsten der Palettenabstellbarkeit, heißt es.
Vor allem aber fährt sich der Fronttriebler anders als die heckgetriebene Variante (RWD). Wir lenkten jeweils den Klassiker 114 CDI mit 143-PS-CDI-Maschine. Die wurde laut MB-Vans-Chef Volker Mornhinweg übrigens gründlich überarbeitet im Hinblick auf das Abgasreinigungssystem sowie softwareseitig und erfüllt jetzt die gültige Zwischenstufe der Euro-6c-Norm. Damit sollte man für die etwaige blaue Plakette auf der sicheren Seite sein. Der Motor ist in jedem Fall besser gedämmt als im Vorgänger, verleugnet seine Bauart Diesel und Herkunft aus dem Hause Daimler mit sonorem, unter Last eher kernigem Sound und Vibrationen nicht. An Kraft hat es dem Aggregat nie gemangelt, 330 Nm Drehmoment erlauben flottes Fortkommen.

 

Flotte 9-Gang-Automatik


Das umso flotter ist, als sich die erstmals in einem Transporter erhältliche 9-Gang-Automatik – eine Daimler-Adaption von ZF respektive wie der gesamte Frontantriebsantriebsstrang mit Quermotor aus den Mercedes-Benz-Pkw – rascher und ruckfreier Schaltwechsel befleißigt. Sie hat mit der breiten Spreizung immer die passende Stufe parat – und Gang 9 senkt die Drehzahl auf Langstrecken spürbar. Das sollte dem Verbrauch zugutekommen, der mit der Automatik mindestens auf Niveau des weiter eher etwas knorrig zu stufenden 6-Gang-Handschalters liegen sollte. Wenn Daimler wie bisher beim Aufpreis Maß hält, wäre das gerade auch für KEP-Fahrer eine warme Empfehlung. Beim Heckantrieb kommt übrigens weiter die 7-G-Tronic zum Einsatz.

 

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Einen ersten Anhaltspunkt in Sachen CO2-Emission liefert die erste 60-Kilometer-Tour durch Stadt, Überland und mit hohem Stop-and-Go-Anteil im Stau: 8,3 l/100 beim FWD weist der akurat sortierte und hübsch gemachte Bordcomputer im Zentraldisplay aus, der alle Infos bereithält bis hin zur Anzeige, wann Energie zurück in die Bordbatterie gespeist wird (keine Rekuperation wie beim Hybrid). Der RWD mit 143 PS kam bei einer fast lupenreinen 100-120-km/h-Autobahnetappe über 80 km auf 8,1 l/100 km.
Apropos Stop-and-Go: Hier bewährt sich der Automat als Stütze im Alltag. Er nimmt einem die Brems- und Beschleunigungsvorgänge bis zum Stillstand ab, dank der Funktion des Stauassistenten. Der wiederum basiert auf dem mit gelassener Präzision und hoher Regelgüte arbeitenden Abstandstempomaten ACC. Zum Wiederanfahren genügt ein Tipp aufs Gaspedal. Weil wir beim Thema Assistenz sind: Die Geister der Testfahrer schieden sich in der Meinung über die Umsetzung der Spurassistenz. Nach einem Vibrieren im Lenkrad folgt als Eskalationsstufe 2 ein kurzer, deutlich spürbarer Bremseingriff mit „Hallo-Wach“-Effekt.

 



„Wir hätten das auch über den aktiven Lenkradeingriff regeln können, aber aus unserer Sicht ist das ein Sicherheitsfeature. Wir wollen die Profis am Lenkrad zu aufmerksamem Fahrstil erziehen“, erläutert Sprinter-Projektleiter Ulf Zillig. Außerdem sei der Lenkeingriff ein weiterer Schritt in Richtung teilautonomes Fahren, den man unter unklaren gesetzlichen Bedingungen hier noch nicht gehen wolle, flankierte MB-Vans Chef Mornhinweg – den man aber klar auf der Agenda habe. Eigentlich sei die Technologie im Gewerbe noch sinnvoller, bemerkte der MB-Vans-Chef im Hinblick auf den drängenden Fahrermangel. Wie bisher arbeitet der Totwinkelwarner mit kleinen Dioden im Spiegel, präzise der Auffahrwarner mit Warndreieck im Display, neu sind etwa Flankenschutz mit Sensoren oder Querverkehrsassistent mit Notbremsfunktion.


Deutlich leiser geworden

Wie dem auch sei, die Betriebsbremse selbst packt jetzt ebenfalls deutlich wacher und dabei leichtgängiger zu als beim Vorgänger, wobei sich leichte Unterschiede zwischen Front- und Hecktriebler im Bremsgefühl ergeben, die Wirkung ist bei beiden prächtig. Deutlich verbessert hat sich hier wie dort der Federungskomfort. Der weiter auf der komfortablen Seite agierende, stets sanft schaukelnde Sprinter neigt auch bei tiefen Schlaglöchern nicht mehr zum Trampeln und steckt keine Schläge mehr durch ins Volant. Die Karosserie wirkt generell fester. Auch die Abrollgeräusche hat der Hersteller stark zurückgedrängt, daneben die Windgeräusche besser im Griff. Bis auf ein leises Zischen beim Fronttriebler der Vorserie ist der neue Sprinter ein leises Fahrzeug – man fühlt sich fast wie gekapselt. Was bleibt, ist bei scharfem Wind eine gewisse Anfälligkeit, die aber nie kritisch wird, auch dank serienmäßigem Side-Wind-Assist. Die Übersicht ist nach wie vor gut und bei Regen jetzt umso besser als die Wischer mit „Wet-Wiper“-Funktion – eine Art Wasservorhang übers gesamte Blatt – sehr effektiv und schlierenfrei arbeiten.
Das Handling ist eher firmentypisch gediegen und nicht so locker-flockig wie beim VW Crafter, dafür arbeitet die Lenkung ebenfalls sehr leichtgängig, wenngleich sie etwas mehr Feedback bieten könnte. Der Wendekreis ist auch beim Fronttriebler top. Der RWD wirkt sogar etwas dynamischer, lässt sich nötigenfalls zackig durch Kreisverkehre zirkeln. Dafür kann er sein Antriebsprinzip nicht leugnen, wenn sich diskretes Nackeln beim Gangwechsel aus Richtung Kardanwelle melden. Die Geräusche aus dem Hecktriebstrang hat der Hersteller aber eliminiert. So entsteht ein generell gediegenes und ruhiges Fahrgefühl im neuen Sprinter. Mehr zur Bedienung und den Konnektivitätsfeatures im Sprinter lesen Sie in der nächsten Ausgabe.

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