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Testrunde Mercedes-Benz Arocs: Mit dem Zeug zum Chefkipper
Da muss ich jetzt mal kurz in mich gehen: ein Dreiachser 6x4, Meiller-Dreiseitenkipper mit Bordmatic. 510 PS. Solo. Was könnte man damit anstellen? Jedenfalls keine Messfahrt, zu wenig Laufleistung. Mit gerade mal 1.500 Kilometer auf der Uhr rollt der 6x4 noch nicht richtig. Einen Hänger haben wir auch keinen, jedenfalls nicht rechtzeitig. Ist im Sommer schwierig, wenn alle auf den Baustellen werkeln. Also, was nun?
Das, was wir immer tun, wenn wir des Mannes schönstes Spielzeug zur freien Verfügung haben. Ab in die Grube, Schotter laden, Staub aufwirbeln.
Die Dreiachs-Kipper fahren wir sonst immer mit angekuppeltem Zentralachs-Anhänger und voll ausgeladen mit 40 Tonnen Gesamtgewicht.
Gut ausgestattet
Heute reicht’s nur für 26 Tonnen Gesamtgewicht. Was heißt das in Nutzlast? An Leergewicht zeigt die Waage 12.440 kg, Tanks voll, inklusive Fahrer: 12,5 Tonnen Leergewicht. Das ist nicht schwer. Da bleiben rund 13,5 Tonnen für die Nutzlast. Ein Vierachser bringt es meist auf gut 17 Tonnen Nutzlast – gar nicht so schlecht also für den Solo-Dreiachser. Zumal dieser 2651 auch noch richtig gut ausgestattet ist.
Den Dreiseitenkipper mit Bordmatic von Meiller gibt es bei Mercedes-Benz Trucks ab Werk im Einrechnungs-Geschäft. | Bild: Daimler Truck
Alle Assistenzsysteme sind an Bord, angefangen vom Hill Holder bis hin zur PPC Predictive Powertrain Control Interurban. Das Classic-Space-Fahrerhaus in Größe M bietet großzügigen Raum nach hinten. Im Gegensatz zum ganz kurzen S-Fahrerhaus ist hier hinter der Sitzlehne nicht gleich die Fahrerhaus-Rückwand, sondern reichlich Platz für Stauraum und eine optionale, klappbare Liege für den Power-Nap in der Pause.
Mit nur 2,3 Meter Breite ist diese Hütte auch etwas übersichtlicher als die 2,5 Meter der Normalkabinen – ein nicht zu vernachlässigender Handling-Vorteil. Dieser 2651 ist übrigens der erste Mercedes-Benz Arocs mit dem volldigitalen Armaturenbrett, wie wir es schon länger aus dem Fernverkehrs-Actros kennen.
Bei den Spiegeln hat man sich für das normale Set-up entschieden – also keine MirrorCam. Das ist in diesem Fall ganz gewiss kein Nachteil, bieten die Normal-Spiegel doch die gewohnt gute Sicht auch beim Blick nach rechts vor dem Abbiegen. Die A-Säule lässt sich auch mit MirrorCam nicht wegzaubern. Hauptsache, da ist ein Sichtspalt zwischen Spiegelgehäuse und A-Säule. Dank der beweglichen zusätzlichen Trittstufe gelingt der Einstieg auch mit arthritischen Knien für eine Kabine mit 600 mm Aufsetzhöhe recht bequem.
Der Blick nach rechts vor dem Abbiegen mit normalen Spiegeln: Der Sichtspalt zwischen A-Säule und Spiegelgehäuse ist wichtig. | Bild: Daimler Truck
Gar nicht bockig
Früher normal, ist die durchgängige Stahlfederung in Zeiten allfälliger Luftfederbälge an Chassis- und Kabinenaufhängung bei diesem 2651 etwas Besonderes. Vor allem weil die Zweiblatt-Parabeln vorne (Vierblatt hinten) zwar straff federn, das Ganze aber mit der ebenfalls stahlgefederten Kabine außerordentlich gut abgestimmt ist.
Der Kontakt zum Untergrund ist jederzeit informativ, härtere Stöße bügelt die Luftfeder des Komfortsitzes aus. Überhaupt verdient die Straßenfühligkeit dieses 6x4 ein dickes Lob: Die Federung ist niemals bockig und unangenehm. Dazu kommt eine Lenkung, die zwar mit 5,8 Umdrehungen von links nach rechts fast Vierachser-typisch hoch übersetzt ist, die aber ein Fahrgefühl wie auf Schienen vermittelt.
Diese Abstimmung kommt nicht von ungefähr und hat mit dem universellen Charakter des 6x4 zu tun, der höchst selten solo unterwegs ist. Vielleicht, wenn eine enge Baustelle nicht mal mehr den Einsatz eines Vierachsers zulässt. Der 6x4 ist der Joker im Baugeschäft. Ist der flexible Springer, mit Zentralachsanhänger sogar mit halbwegs vernünftiger Nutzlast. Meistens jedoch ist er die Allround-Zugmaschine für den Deichsel-Tieflader.
Dank tiefer M-Kabine viel Platz für Werkzeug und Kram in den Ablagen hinter den Sitzen. | Bild: Daimler Truck
Flexibel bleiben
Wir haben einen vierachsigen Drehschemel von Humbaur angehängt. Der HTD stand bei unserer Kipper-Basis Trucks & More in Eichstätt gerade auf dem Hof. Was dieses Gespann kann, ist beeindruckend: Zwar ist der 2651 6x4 technisch für 80 Tonnen Gesamtzuggewicht gut, mit dem Humbaur HTD am Haken wären theoretisch und ohne Ausnahmegenehmigung 26 Tonnen (Kipper als Zugmaschine mit viel Ballast für beste Traktion) plus 40 Tonnen Gesamtgewicht nur für den Hänger machbar. Ohne Sondergenehmigung sind es immerhin noch 24 Tonnen Gesamtgewicht für den Hänger, bei einer Nutzlast von dann maximal 15,7 Tonnen.
Nun ist so ein Gespann dann am besten fahrbar, wenn die Zugmaschine maximalen Aufstandsdruck und damit maximale Traktion bietet. Ordentlich Ballast auf der Kippbrücke ist da von Vorteil. Ebenfalls von Vorteil – Achtung: eine gewagte These für Traditionalisten – ist die PPC Predictive Powertrain Control Interurban. Denn die erkennt auch bei Nebel und in der Dunkelheit den Abzweig, die Stoppstelle, den Kreisverkehr, die scharfe Kurve
Resümierend erweist sich dieser muskelbepackte 6x4 als potente Zugmaschine sowohl für den Tandemachser im Tagesgeschäft als auch für den Tieflader mit Baumaschinenfracht. Der Fahr- und Lenkkomfort ist für diesen durchgehend stahlgefederten Kipper erstaunlich gut, das Handling unkompliziert, die Assistenzsysteme sind sinnvoll.
+ Straßenfühligkeit, Lenkung, Bedienung, Nutzlast, Leistungsreserven, Platz im Fahrerhaus.
- Nicht behobener Fehler im Kartenmaterial (inzwischen korrigiert)
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